Auf einem völlig verkehrten Weg sieht der Ratsvorsitzende der Stadt, Stefan Becker, den Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen. „Einen anständigen Diskurs um eine Sachlage kann man dieses Getöse nicht gerade nennen.“ Dabei bezieht sich Becker auf die Pressemitteilung des Verbandes zur Ratsentscheidung über die Preisanpassung für Rollstuhlfahrer mit nicht zusammenklappbaren Rollstühlen.
„Anstatt sich im Vorfeld offen und ehrlich miteinander auszutauschen, hat sich der SoVD mit keiner Silbe an die Politik gewandt. Bei der letzten Ratssitzung wurde lange und ausgiebig über diese Beschlussvorlage mit der Verwaltung diskutiert. Wenn von 41 Stimmberechtigten 40 mit ja und nur eine Person mit nein stimmen, nennt man so etwas eine riesengroße Mehrheit. In einer gelebten Demokratie nimmt man als Andersdenkender so eine Abstimmung mit Anstand hin. Wenn ich auch die angebliche Fassungslosigkeit des SoVD kaum nachvollziehen kann, so bleibt mir doch, bei dem Vorwurf der Diskriminierung, nicht nur der Atem stehen. Was erlaubt sich Bernhard Sackarendt als niedersächsischer Landesvorsitzender der SoVD mit so einer Verurteilung? Wer so eine Behauptung von sich gibt, disqualifiziert sich nicht nur als Demokrat, sondern auch für sein Amt. Wer dem obersten Souverän einer Stadt, welcher die Abbildung der Bevölkerung darstellt, Diskriminierung vorwirft, nur weil ihm eine Entscheidung nicht gefällt, diskriminiert selbst.“
Der Ratsvorsitzende stellt sich ausdrücklich vor alle Ratsmitglieder und den Oberbürgermeister, die diese Entscheidung getroffen haben. Auch wurde mit dem Ratsmitglied Norbert Brandt, welcher als einziger dagegen stimmte, sachlich, freundlich und konstruktiv diskutiert.
Überwogen haben dabei die Gründe der Kosten der Taxiunternehmen. Diese haben sich, auch zur Freude der bisherigen Vertragspartner der Stadt, darauf eingelassen, Menschen mit Handikap zu fahren. Die jetzigen sehen sogar noch mehr Flexibilität für die Betroffen, zumal man selbst oft nicht genügend Personal hat. Somit handelt es sich um ein zusätzliches Angebot. „Will der SoVD dieses eventuell „abwürgen“? Dann wäre die Teilhabe erstrecht gefährdet.“
Das neue Angebot von Taxi-Unternehmen kostet nicht nur bei der Anschaffung des KfZ ca. 8.000 Euro mehr als ein normales Taxi, sondern auch 15 Minuten mehr Zeit pro Fahrt. Da ein(e) private(r) UnternehmerIn für die Anschaffung und für das Personal eine Wirtschaftlichkeit erreichen muss, ergibt sich aus einer Selbstständigkeit. Genauso sieht es der Behindertenbeirat der Stadt und hatte im Vorfeld seine Zustimmung zu dieser Beschlussvorlage signalisiert.
Unverständlich ist es für Becker auch, dass vom Verband keine geeigneten Gegenvorschläge kamen. „Aber statt auf Zusammenarbeit zu setzen, wählt man lieber eine Opferrolle und arbeitet eben nicht kommunalpolitisch für Menschen mit Handicap. Die PolitikerInnen und die Verwaltung versuchen in ihren Entscheidungen immer die Sorgfalt zu wahren. Das ist aus meiner Sicht hier eindeutig geschehen. Zur Wahrheit gehört auch, dass Transporte zum Arzt oder ins Krankenhaus von den Krankenkassen übernommen werden. Des Weiteren zahlt die Stadt mit Steuergeldern die Fahrten für Menschen mit Handicap in diesem Bereich an die Vertragspartner. Damit wird niemand ausgeschlossen.“
So etwas Wichtiges, wie dieser Beschluss, sollte man als Verband immer vorab mit der Verwaltung und der Politik einer jeweiligen Kommune klären. Das wäre der richtige Weg gewesen, so der Ratsvorsitzende abschließend.
21.07.2022