
Mit deutlicher Verwunderung und großem Unmut reagieren die Fraktionen der SPD, der CDU sowie die Gruppe WIN@WBV/Volt auf die von der Verwaltung der Stadt Wilhelmshaven vorgelegte Beschlussvorlage, die eine mögliche Aufhebung des Ratsbeschlusses Nr. 560/2023 zur Entwicklung der Seipelhalle als Freizeit- und Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche vorsieht.
Der damalige Ratsbeschluss war das Ergebnis eines breiten parteiübergreifenden Konsenses und wurde auf Grundlage intensiver Vorarbeiten, zahlreicher Gespräche und mit der ausdrücklichen Beteiligung des Jugendparlaments gefasst. Ziel war es, die in die Jahre gekommene Seipelhalle zu einem attraktiven Ort der Begegnung, Bewegung und Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche in Wilhelmshaven zu entwickeln – ein Projekt, das sowohl pädagogisch als auch gesellschaftspolitisch von großer Bedeutung ist. Die Ratsmehrheit hatte seinerzeit der Verwaltung einen klaren, unmissverständlichen Auftrag erteilt: die Planungen für den Umbau der Halle vorzubereiten, die baulichen und betrieblichen Grundlagen zu prüfen und eine belastbare Kalkulation vorzulegen. Damit war der politische Wille eindeutig formuliert.
Dass nun – anstatt der Umsetzung dieses Auftrags konsequent weiterzuverfolgen – eine Vorlage eingebracht wird, die als zweiten Beschlusspunkt die Aufhebung des Ratsbeschlusses vorsieht, stößt bei den antragstellenden Fraktionen und Gruppen auf massives Unverständnis.
„Ratsbeschlüsse sind keine unverbindlichen Empfehlungen,“ stellt Marvin Hager, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und SPD-Ratsherr, mit Nachdruck klar. „So geht man mit Ratsbeschlüssen nicht um. Wenn der Rat einer Stadt nach gründlicher Beratung und auf Grundlage demokratischer Prozesse eine Entscheidung trifft, dann ist diese umzusetzen – und nicht nach einiger Zeit von der Verwaltung in Frage zu stellen. Es kann nicht sein, dass die Verwaltung politische Entscheidungen des Rates relativiert oder gar revidiert, anstatt sie umzusetzen. Das wäre ein gefährlicher Präzedenzfall und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich in diesen Prozess eingebracht haben – insbesondere der Jugendlichen, die über das Jugendparlament viele Ideen und Impulse geliefert haben.“
Auch Olaf Fischer von der Gruppe WIN@WBV äußert sich deutlich:
„Wir haben diesen Antrag damals gemeinsam und bewusst auf den Weg gebracht, weil die Seipelhalle als Ort für junge Menschen eine große Chance bietet. Hier kann ein Raum entstehen, der Jugendlichen in Wilhelmshaven Möglichkeiten der Begegnung, Bewegung und Mitgestaltung bietet – und genau das ist es, was unsere Stadt braucht. Wenn nun eine Vorlage eingebracht wird, die diesen Ratsbeschluss im zweiten Schritt de facto kippt, ist das nicht nur politisch fragwürdig, sondern auch ein herber Rückschlag für die Beteiligungskultur in Wilhelmshaven. Demokratie bedeutet Verlässlichkeit – und die geht verloren, wenn Beschlüsse nach Gutdünken wieder zur Disposition gestellt werden.“
Besonders widersprüchlich erscheint zudem, dass in der Begründung der Vorlage selbst festgehalten wird, dass das Jugendamt weiterhin an dem Projekt festhalten möchte. Für die SPD, CDU und WIN@WBV ist dies ein deutlicher Beleg dafür, dass sowohl innerhalb der Verwaltung als auch in der Fachwelt die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Projektes gesehen wird.
Hager betont dazu: „Wenn sogar das Jugendamt selbst den Wert und die Bedeutung dieser Einrichtung ausdrücklich hervorhebt, dann ist es völlig unverständlich, dass gleichzeitig eine politische Vorlage entsteht, die genau dieses Projekt in Frage stellt. Das wirkt widersprüchlich, konzeptlos und lässt den Respekt vor der Beschlusslage des Rates vermissen.“
Die beteiligten Fraktionen und Gruppen machen daher unmissverständlich klar:
Der zweite Punkt des Beschlussvorschlags, der die Aufhebung des Ratsbeschlusses 560/2023 vorsieht, wird von SPD, CDU und WIN@WBV/Volt nicht mitgetragen.
Stattdessen fordern sie die Verwaltung eindringlich auf, den bestehenden Auftrag des Rates umzusetzen und die Entwicklung der Seipelhalle als Jugend- und Freizeitbegegnungsstätte konstruktiv und zügig voranzutreiben. „Der Rat hat entschieden – und die Verwaltung hat diesen Beschluss umzusetzen, nicht auszubremsen,“ so Uwe Heinemann, Vorsitzender der CDU-Fraktion weiter. „Wir erwarten, dass der eingeschlagene Weg konsequent fortgesetzt wird und dass die Verwaltung sich mit dem gleichen Engagement für die Umsetzung einsetzt, mit dem sie nun diese Aufhebungsoption formuliert hat.“ Eine Konkretisierung des ersten Beschlusspunktes gilt es nun gemeinsam zu verfolgen.
Die vorgetragenen Kostenfragen sind aus Sicht der Fraktionen bisher nicht vollumfänglich geklärt, sondern vorgeschobene Gründe. Eine Trägerschaft durch einen privaten Betreiber wie einen Verein wird schließlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen, auch sind Teilumsetzungen nicht diskutiert worden.
Zum Schluss mahnt Olaf Fischer:
„Die jungen Menschen in unserer Stadt haben ein Recht darauf, dass ihre Ideen ernst genommen werden. Das Jugendparlament hat sich aktiv eingebracht und kreative, tragfähige Vorschläge gemacht. Wer nun die Tür zu diesem Projekt wieder zuschlägt, sendet ein fatales Signal: dass Beteiligung am Ende nichts wert ist. Das darf nicht passieren – schon gar nicht in einer Stadt, die immer wieder betont, wie wichtig ihr die Jugend ist.“
06.11.2025