AK Stadtbild und Umwelt - Überlegungen zu einer Quartiersentwicklung im Gebiet Tonndeich

AK Stadtbild und Umwelt

Überlegungen zu einer Quartiersentwicklung im Gebiet Tonndeich

Ausgangssituation

Das Tonndeich-Viertel ist einer der ältesten Stadtteile Wilhelmshavens und zeichnet sich gleichzeitig durch die höchste Bevölkerungsdichte aus. Von der Vorkriegsbebauung ist wegen der schweren Bombardierung im Zweiten Weltkrieg kaum etwas erhalten. Allein einzelne gründerzeitliche Gebäude sind geblieben. Nach dem Krieg entstand eine bunte Mischung aus Einfamilien-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern. Wohnen und Gewerbe wechseln sich dabei munter ab. Der angrenzende Kurpark, sowie einige Innenhofbegrünungen von Spar&Bau stellen die wesentlichen Grünflächen dar, weitere Grünzüge wären wünschenswert. Die ÖPNV-Anbindung ist relativ gut, die Situation für Fußgänger und Radfahrer ist verbesserungs-bedürftig. Die Wohnsituation zeichnet sich einerseits durch ein relativ großes Wohnungs-angebot von Spar&Bau mit gutem Preis-Leistungsverhältnis aus, andererseits gibt es zahlreiche Wohnungen minderer Qualität mit viel Leerstand. Gerade der Bereich Gökerstr./Zedeliusstr. wird aufgrund der günstigen Mieten gerne von Studierenden-WGs und Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft genutzt.

Der größte Teil des Gewerbes befindet sich im Bereich der Gökerstraße und ist geprägt von einer bunten Mischung aus kleinen Fachgeschäften und -märkten, Orientläden, Ärzten, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Eiscafe, Restaurants, Imbisse und Pizzerien. Im Bereich der Bismarckstraße finden sich zudem Betriebe (Schlachterei, Feinkost- und Spezialitätengeschäft), die in Wilhelmshaven mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal besitzen. Trotz des immer noch relativ reichhaltigen und einzigartigen Angebots an Geschäften, ist die Aufenthaltsqualität im Bereich der Gökerstraße, vor allem wegen des starken und relativen schnellen Durchgangsverkehrs, als mangelhaft zu bezeichnen. Auch fehlt dem Stadtteil insgesamt ein soziales Zentrum.

Einige größere Industrie- und Handwerksbetriebe sind flächenmäßig nicht mehr erweiterungsfähig, was eine Nachfolgeperspektive erschweren könnte und/oder sie zeichnen sich durch nennenswerte Emissionen mit Einfluss auf das Wohnumfeld aus.


Zielvorstellungen

Aufgrund der Ausgangssituation von Tonndeich bietet sich eine Weiterentwicklung zu einem Szeneviertel mit einer bunten Mischung aus den unterschiedlichsten Fachgeschäften, internationalen Spezialitätenläden, hohem kulinarischem Abwechslungsreichtum und durchaus auch einer gewissen jugendlichen „Trash-Kultur“ an. Diese kulturelle Vielfalt gehört zwingend zu einer weltoffenen Hafenstadt, die zudem regionales Oberzentrum mit Wachstumsambitionen ist. Es muss weiterhin ein soziales Zentrum mit hoher Aufenthaltsqualität entwickelt werden. Punktuell sollte über die Errichtung eines Mehrgenerationenangebots auf gewonnenen Frei-/Brachflächen nachgedacht werden. Aufgrund der relativ hohen Dichte von Angeboten im Gesundheitsbereich müssen barrierefreie Wege geschaffen werden.  Die Außenbereiche vor der Gastronomie müssen zum Verweilen einladen. Hierzu ist insbesondere eine verkehrliche Beruhigung im Bereich der Gökerstraße anzustreben. Projekte, wie der Rückbau der Hamburger Osterstraße können hier als Vorbild dienen. Um unter anderem ein junges Publikum, Studierende und Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft anzuziehen, ist Wohnraum mit relativ günstigen Mieten und einem gewissen Mindeststandard (Bäder, energetische Sanierung Dächer, Fenster Fassaden) nötig, was förderrechtlich im Rahmen des Programms „Sanierungsgebiet Tonndeich“ mittlerweile Beschlusslage ist und weiterhin proaktiv beworben werden sollte. Insbesondere die Internetanbindung muss hier weit überdurchschnittlich sein. Brachflächen müssen begrünt und eine flächendeckende Verbesserung für Fußgänger und Radfahrer erreicht werden. Weiterhin sollten ein Car-Sharing-Angebot und Infrastruktur für E-Mobilität auf einer zentralen Fläche (Beispielsweise Parkfläche hinter Pit Stop) realisiert werden. Für größere Industrie- und Handwerksbetriebe sollte es bei Bedarf eine geförderte Umsiedlungsperspektive geben und die gewonnenen Flächen der Qualitätssteigerung im Wohnumfeld, Mehrgenerationenprojekten sowie stadtteilorientiertem Kleinstgewerbe und Serviceangebot zu Gute kommen.

Konkrete Maßnahmen

  • Rückbau Gökerstraße zweistreifig mit Schutzstreifen und verbreiterten Bürgersteigen. Im Vorfeld sollte das Konzept mit einem Pop-Up-Radweg toruntersucht werden.
  • Schaffung einer flächendeckenden Glasfaseranbindung im Zuge des Rückbaus der Gökerstraße
  • Schaffung eines sozialen Zentrums am Knochenpark mit Boule-Platz, Spielgeräten, Bistrotischen und barrierefreien Angeboten
  • Begrünung von Brachflächen
  • Schaffung eines Netzes von Fahrradstraßen (Vorbild: Neuengrodener Weg). Insbesondere die Schulstraße sollte dabei Priorität haben.
  • Schaffung einer zentralen Fläche Car-Sharing und E-Mobilität (hinter Pit Stop?)
  • Proaktive Bewerbung des Städtebauförderprogrammes Sanierungsgebiet „Tonndeich“ (Bäder, energetische Sanierung Dächer, Fassaden, Fenster, Barrierefreiheit, Internetanbindung) durch öffentliche Infoveranstaltungen. 
  • Prüfung Übernahme von Wohngebäuden durch Wohnungsbaugenossenschaften
  • Befragung und Diskussion mit Gewerbebetrieben zum Thema „geförderte Umsiedlung“

Nachfolgend ein Beispiel (HH Osterstraße), wie eine Gestaltung der Gökerstr. erfolgen könnte (Mit freundlicher Genehmigung von ARGUS Stadt und Verkehr, Hamburg):

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16.04.2021